Unternehmen mit fossilen Geschäftsmodellen geraten zunehmend unter Druck. Der Energieversorger RWE ist mit der Klimaklage eines peruanischen Bergbauern konfrontiert. Die Autokonzerne BMW, Mercedes-Benz und VW sollen auf dem Gerichtsweg gezwungen werden, den Verkauf von Neuwagen mit Verbrennermotoren von 2030 an einzustellen. Keine dieser Zivilklagen war bislang erfolgreich. Doch was wäre, wenn emissionsstarke Unternehmen künftig sogar strafrechtliche Verurteilungen fürchten müssten? In den Vereinigten Staaten wird derzeit intensiv diskutiert, ob Anklagen wegen Totschlags in Betracht kämen.
Der Debatte liegt die Prämisse zugrunde, dass Erdölkonzerne seit Jahrzehnten um die klimaschädlichen Folgen fossiler Brennstoffe wussten, aber unbeirrt an ihren Geschäftsmodellen festhielten. Während die Unternehmen so Milliardengewinne erzielten, hätten sie – so die These von Autoren in der renommierten Fachzeitschrift „Harvard Law Review“ – steigende Todesraten durch Extremwetterereignisse mitverursacht.
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Unternehmen mit fossilen Geschäftsmodellen wegen Totschlags in zahlreichen Fällen strafrechtlich zu verfolgen – diese Idee hat ersten Anklang bei amerikanischen Strafverfolgern gefunden. Einzelne Staatsanwälte haben angekündigt, die wissenschaftlichen Überlegungen einzubeziehen, wenn sie prüfen, wie Unternehmen für Umweltschäden zur Verantwortung gezogen werden könnten.
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Bei den deutschen Strafverfolgungsbehörden gibt noch keine derartigen Anzeichen. Aber auch deutsche Unternehmen sollten gewarnt sein. So befasste sich im vergangenen Jahr die Staatsanwaltschaft Essen mit einer Strafanzeige von 20 Juristen wegen Tötungsdelikten gegen die Verantwortlichen von RWE Power. Das Verfahren wurde unter Verweis auf Strafbarkeitslücken, die von der Politik zu beseitigen seien, eingestellt. Es läuft aber noch ein Beschwerdeverfahren gegen diese Entscheidung.
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Gegenwärtig sieht das deutsche Strafrecht keine strafrechtliche Verfolgung von Unternehmen vor. Politische Versuche zur Einführung eines Unternehmensstrafrechts hatten bislang keinen Erfolg. Strafrechtlich belangt werden können nur die Unternehmensverantwortlichen, vor allem Geschäftsführer, Vorstände und Aufsichtsräte. Auch für die Unternehmenslenker wären die Hürden für eine strafrechtliche Verfolgung im Zusammenhang mit den negativen Folgen des Klimawandels jedoch hoch. Die meisten Unternehmen bewegen sich in einem stark regulierten und von Genehmigungserfordernissen geprägten Geschäftsumfeld. Dies führt dazu – jedenfalls aus strafrechtlicher, wenn auch nicht aus moralischer Warte –, dass ihr Verhalten in der Regel als rechtlich gebilligt angesehen werden muss. Das Argument: An ein Verhalten, welches der Staat erlaubt, kann er nicht nachträglich strafrechtliche Konsequenzen knüpfen.
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Doch der Klimawandel führt zu einer neuen Dynamik, insbesondere die fortschreitende Erforschung des Ursachenzusammenhangs zwischen den CO2-Emissionen fossiler Unternehmen einerseits und dem Klimawandel sowie steigenden klimabedingten Todeszahlen andererseits. Neue Risiken für Unternehmen könnten sich aus den ESG-Nachhaltigkeitsvorgaben ergeben. Unternehmen, zumal multinational tätige Konzerne, die die Nachhaltigkeitskriterien zu den Themen Umwelt, Soziales sowie Unternehmensführung und -kontrolle missachten, können sich zivilrechtlichen und in den Vereinigten Staaten künftig vielleicht sogar auch strafrechtlichen Vorwürfen ausgesetzt sehen.
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Die Autorin ist Partnerin der Kanzlei Noerr.
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